Wie Jäger die Krise meistern: Revierarbeit und ganzheitliches Denken in Corona-Zeiten

Die Krise betrifft auch die Natur und damit die Jäger. Jagd ist in Deutschland eine Passion mit intensiver Ausbildung – kein Beruf. Viele Jäger können aber aktuell auch nicht arbeiten, weil ihre Betriebe geschlossen wurden oder die Unternehmen Kurzarbeit eingeführt haben. Wie ein Jäger aus der Jägerschaft Rauener-Berge mit der Krise umgeht, zeigt dieser kurze Bericht.

Jäger und Bauer Hand in Hand

Samstag früh, 9 Uhr. Jäger Ingo trifft „seinen Bauern“ – Micha. Der bringt gerade eine Ladung Kraftfutter in den Stall und freut sich darüber, wie sein Bulle sich platz verschafft. Vor 20 Minuten wurde ein Kälbchen geboren – es steht wackelig auf den Beinen – das Fell ist noch nass.

Ingo Noack, Unternehmer im Gastronomiegewerbe, musste bereits vor drei Wochen sein Unternehmen schließen. Zeit hat er jetzt trotzdem nicht, denn er ist im Wald und auf dem Feld – kümmert sich intensiv um sein Revier. „Jagen“, so sagt er, „das ist 90 Prozent Hege und Pflege“. Und die Hege und Pflege nimmt er sehr ernst, denn er sieht sich nicht nur verantwortlich für Wild, das er selbstverständlich selbst verarbeitet, vermarktet und isst, nein – er sieht seine Verantwortung ganzheitlich. Genau aus diesem Grund hat er in diesem Jahr mit Michael Fey, Rinderbauer und Selbstvermarkter aus Kolpin, der Felder in Ingos Revier hat, eine besondere Aktion realisiert: Die beiden haben eine Bienenweide eingedrillt, um die Bienen und die Imker der Gegend zu unterstützen. „Ohne Bienen, kein gutes Leben“, da sind sich beide sicher.

Jagd – Passion über Generationen

Ein weiteres Projekt treibt den Jäger. Er hat einen verwilderten Obstgarten mitten im Revier gekauft und das Projekt zum „Corona-Projekt“ ernannt. Auf dem Gelände, einem Streifen von circa 15 x 80 Metern stehen Birnen, Pflaumen, Kirschen und Apfelbäume. Auch ein Haselnuss-Strauch und ein Walnussbaum sind da. Die Bäume wurden Jahre lang nicht gepflegt – es musste viel Totholz geschnitten und verräumt werden. Beteiligt am Projekt waren vier Noacks: Oper Rainer, Papa Ingo und die beiden Söhne Martin und Theo. Über Tage schnitten sie Holz, stapelten es, bauten Insektenhotels, schafften Nistmöglichkeiten für Vögel und geschützte Plätze für Reptilien oder Kleinstsäuger. Jetzt steht die Streuobstwiese in der Blüte und Jäger Ingo freut sich. „Das Obst soll für das Wild sein“, so formuliert er. „Herunterfallende Äpfel werden von Wildschweinen gern genommen, aber auch andere Wildarten freuen sich über die willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan.“

„Für mich ist wichtig, dass auch meine Kinder die Verantwortung mitbekommen, die man als Jäger hat. Nicht nur für die Wildtiere, die man auch bejagt, sondern für alle Tiere im Revier“, so Ingo. „So habe ich es von meinem Vater Rainer gelernt und so gebe ich es weiter an meine Kinder.“

Auch andere Jäger nehmen sich jetzt die Zeit, sich intensiv um das eigene Revier zu kümmern. Nicht selten finden sie Müll. Noch schlimmer allerdings, ist der partiell unsensible Umgang der Wald-Besucher mit unseren derzeit sehr trockenen Wäldern in Brandenburg. Viele befahren verbotene Waldwege, beunruhigen das Wild und provozieren Waldbrände durch Zigaretten. Der Boden ist unendlich trocken – Feuer sind nicht erlaubt.

Ingo und Micha

 

Dieser Beitrag ist von Liane Allemann und Ingo Noack

Herzlichen Dank und bleibt alle gesund!