Frau Greiser, welche Auswertung des aktuellsten WILD-Jahresberichts hat Sie am meisten erstaunt?
Direkt erstaunt hat mich nichts, aber mich hat etwas erfreut: 2016 sind die Feldhasen-Besätze wieder ein bisschen angestiegen. In den zwei Jahren davor gab es abnehmende Tendenzen. Wir hatten auch auf Bundesebene eine leichte Erhöhung auf 12 Hasen pro 100 Hektar – in Brandenburg lag der Besatz im Mittel bei 6 Hasen pro 100 Hektar erfasste Taxationsfläche.
2017 war allerdings ein sehr feuchtes Jahr. Nicht gut für den Feldhasen.
Ja, das stimmt. Die ersten Auswertungen der Herbsterfassung 2017 zeigen aber, dass der Besatz glücklicherweise auf dem Niveau des Vorjahres geblieben ist.
Was gibt es zur Fuchsstrecke zu sagen?
Die Fuchsstrecke ist seit Jahren abnehmend, die Bejagung des Fuchses verliert zunehmend an Bedeutung, weil die Niederwildbewirtschaftung an sich zurückgeht. Es ist für den Jäger neben der Wildschadensituation schwierig, alles unter einen Hut zu bekommen. Die Niederwildbewirtschaftung kostet viel Zeit. Wenn man Raubwild intensiv bejagen will, geht das am besten mit der Fangjagd und die ist besonders zeitaufwendig und es kommen Kosten hinzu für die verschiedenen Fallensysteme. Auch fehlen die Anreize. Zu DDR-Zeiten waren die Strecken höher, weil es Fang- und Abschussprämien gab. Das alles ist ein schleichender Prozess seit Mitte der 1990er Jahre. Die Jagd ist im Wandel. Die Schwerpunkte verlagern sich. Das Projekt „Fellwechsel“ könnte hier ein neuer Anreiz sein, weil die Verwertung erlegter Tiere verbessert wird.
Auch die Lebensräume der Wildtiere befinden sich im Wandel.
Ja. Die Anteile an Mais- und Rapsanbau sind sehr hoch – das ist allseits bekannt. Es wird auf großer Fläche produziert. Die kleinflächigen Parzellen werden immer weniger. Der Anteil an Brachen ist zurückgegangen. Diese sind aber wichtig für die klassischen Niederwildarten. Die Feldstrukturen gehen immer mehr zurück. Es gibt kaum noch herkömmliche Feldwege oder Säume an Wegen. Lediglich bei den Hecken gibt es eine leicht positive Entwicklung. Die Strukturvielfalt im Agrarraum sinkt. Deshalb geht auch die Artenvielfalt verloren.
Auch die Art der Landwirtschaft hat sich verändert.
Ja. Es sind nicht nur große Flächen, die bewirtschaftet werden, sondern die Bewirtschaftung erfolgt intensiv, gerade beim Grünland. Es wird mehrfach im Jahr gemulcht und gedüngt und auch die Ackerflächen werden häufig zusätzlich durch zweimaligen Anbau intensiviert: erst Grünroggen, dann kommt der Mais für die Biogasanlage.
Es gibt in Brandenburg im Rahmen von WILD 35 Referenzgebiete. Wer erfasst dort die Daten?
Teilweise besteht ein Referenzgebiet aus einem Jagdbezirk. Es können aber auch bis zu drei oder vier Jagdbezirke zusammengefasst werden. Für die Hasenzählungen müssen wir zum Beispiel eine Fahrstrecke von möglichst 20 Kilometern zusammenbekommen. Da sind die Pächter zuständig, die auch meist als Referenzgebietsbetreuer fungieren und die Begehungsscheininhaber helfen mit. Sie führen dann auch gemeinsam eine erweiterte Streckenerfassung durch z.B. dokumentieren wir die Erlegungsarten, den Erlegungsort sowie Alter und Geschlecht beim Raubwild .
Brandenburg ist ein Vorzeige-Bundesland, was die Bereitschaft ist, bei WILD mitzumachen. Worauf führen Sie das zurück?
Wir haben das Glück, dass die Verteilung der Formulare bei den flächendeckenden Erfassungen über die Jagdbehörden organisiert ist. Da spielt also der behördliche Auftrag eine Rolle. Bei der letzten Erfassung im Jahr 2017 haben wir zum ersten Mal über 3.000 Erfassungsbögen zurück erhalten.
Wie wird das Tierfund-Kataster in Brandenburg angenommen?
Bisher nicht so gut. Das ist verbesserungswürdig. Hier werden alle Jäger und auch Nichtjäger aufgerufen, tot aufgefundene Tiere zu melden. Das hat auch vor dem Hintergrund eines möglichen Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest eine sehr große Bedeutung.
Sind die Jäger in Brandenburg zu träge?
Grundsätzlich muss ich sagen, dass die Referenzgebietsbetreuer im WILD bzw. die Jäger der entsprechenden Gebiete sehr engagiert sind. Sie haben im Bundesland-Vergleich zum Beispiel deutlich höhere Streckenzahlen beim Raubwild. Sie tun was für ihr Niederwild, indem sie die Fangjagd betreiben. Da wird der Erfolg deutlich angehoben, vor allem bei Arten wie dem Waschbären, Marderhund und Mink.
Die Wahrnehmung ändert also das Jagdverhalten?
Genau. Wenn der Jäger bei dem Projekt WILD mitmacht, dann hat er auch einen jagdpraktischen Nutzen. Er weiß z.B. wo die Fuchsbaue sind, sodass er gezielt ansitzen kann. Das ist nicht nur fürs Papier.
Haben Sie auch schon aktuelle Zahlen von 2016/17?
Ja. Die Waschbärenstrecke ist erstmals größer als die Fuchsstrecke. Das ist beeindruckend.
Weitere Informationen zum Projekt WILD in Brandenburg
Der Beitrag „Die Jagd ist im Wandel“ erschien zuerst auf Landesjagdverband Brandenburg e.V..
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