Der Jagdbezirk liegt im ASP-Gebiet, die Veterinärbehörde erlässt Allgemeinverfügungen und der Jäger beteiligt sich an der Seuchenbekämpfung. Den meisten ist jedoch unbekannt, dass dieselbe Tätigkeit zwei unterschiedlichen Rechtsbereichen zuzuordnen ist – mit unterschiedlichen Konsequenzen.

Zunächst ist die Abwehr von Tierseuchen eine Tätigkeit, die gemäß § 23 BJagdG Aufgabe des Jagdschutzberechtigten ist. Jagdschutzberechtigter ist der Jagdausübungsberechtigte (§ 39 BbgJagdG), die Ausübung des Jagdschutzes ist verpflichtend (§ 38 Abs. 2 BbgJagdG). § 24 BJagdG regelt zusätzlich eine ausdrückliche Anzeigepflicht beim Auftreten von Wildseuchen.

Erlegt der Jagdausübungsberechtigte im Rahmen des Jagdbetriebs krankes oder seuchenverdächtiges Wild, oder sucht er in diesem Rahmen nach Wildkadavern, so handelt es sich um eine typische Tätigkeit der (vorbeugenden) Wildseuchenbekämpfung, also um eine Tätigkeit des Jagdschutzes.

Anders verhält es sich, wenn der Jäger aufgrund einer behördlichen Anordnung tätig wird. Eine solche Anordnung erfolgt durch Verwaltungsakt, also durch einen Anordnungsbescheid, der dem Betroffenen von der Behörde zugestellt wird. Auch eine Allgemeinverfügung, bekanntgemacht im Amtsblatt oder auf ähnliche Weise, kann eine solche behördliche Anordnung enthalten. Verpflichtet die zuständige Veterinärbehörde auf diese Weise einen Jäger, nach Wildkadavern zu suchen, krankes Wild zu erlegen oder an anderen Maßnahmen zur Seuchenabwehr teilzunehmen, so sind die Tätigkeiten des Jägers keine eigenen Jagdschutztätigkeiten mehr. Vielmehr handelt der Jäger für und im Auftrag der Behörde zur Seuchenabwehr, also zur öffentlichen Gefahrenabwehr. Der Jäger wird – wie die Juristen sagen – als „nicht verantwortliche Person“ zur Gefahrenabwehr von der Behörde in Anspruch genommen. Allgemein ist dies in § 18 des Ordnungsbehördengesetzes (OBGBbg) geregelt, § 3a der Schweinepestverordnung enthält speziellere Rechtsgrundlagen für eine Inanspruchnahme. Für eine solche Inanspruchnahme besteht nach § 6 Abs. 9 TierGesG i. V. m. § 38 OBG ein Entschädigungsanspruch.

In diesen Fällen handelt die in Anspruch genommene Person nicht mehr als Jagdausübungsberechtigter, sondern quasi als Behördenvertreter. Dies hat u.a. haftungsrechtliche Folgen. Fügt der in Anspruch genommene Dritten Schäden zu, so haftet nicht er, sondern die Behörde (§ 1 Staatshaftungsgesetz bzw. § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG). Wird der in Anspruch genommene bei seiner Tätigkeit verletzt und erleidet selbst einen Schaden., so ist er – wie ein Mitarbeiter der Behörde – über den Unfallversicherungsträger der Behörde versichert. Die eigene Krankenversicherung bzw. Unfallversicherung muss nicht in Anspruch genommen werden.

Genauso verhält es sich mit Aufwendungen des in Anspruch genommenen. Diese sind durch die Behörde zu erstatten. Hierzu zählen insbesondere Fahrtkosten, Entschädigungen für Zeitaufwand und Materialkosten/sonstige Aufwendungen (Desinfektionsmittel, Hygieneartikel, Kunststoffsäcke, Reinigungskosten, Munition, Entsorgungskosten). Es empfiehlt sich deshalb, genau über alle Aufwendungen einschließlich der aufgewandten Zeiten genau Buch zu führen und Belege zu sammeln.

Wird vom Beauftragten ihm Rahmen der behördlichen Beauftragung Wild erlegt, so handelt es sich nicht um Jagdausübung, sondern um eine Maßnahme der Gefahrenabwehr. Insoweit sind die jagdrechtlichen Vorschriften nicht anwendbar. Das so erlegte Wild ist im Zweifel auch von und auf Kosten der Behörde zu entsorgen.

Ob der Jäger im Rahmen des Jagdschutzes oder im behördlichen Auftrag handelt, muss im Einzelfall geprüft werden. In Fällen, in denen ein Jäger einen entsprechenden Heranziehungsbescheid von der Behörde erhält, ist dies relativ eindeutig. Hier handelt er für und im Auftrag der Behörde. Enthält der Bescheid Regelungen, die den vorgenannten Grundsätzen hinsichtlich Haftung und Aufwendungsersatz widersprechen, so sollte in jedem Fall Widerspruch gegen den Bescheid erhoben werden.

Nicht ganz so einfach sind die Fälle, in denen Allgemeinverfügungen die Jagdausübungsberechtigten nur allgemein verpflichten. Als Beispiel seien die Allgemeinverfügungen der Landkreise genannt, nach denen „eine flächendeckende verstärkte Bejagung zur Reduzierung des Schwarzwildbestandes im Landkreis“ angeordnet wird. Diese „Anordnung“ dürften zu unkonkret sein, um aus einem Jagdausübungsberechtigten eine „in Anspruch genommene nicht verantwortliche Person“ zu machen. Genauso wenig dürfte diese „Anordnung“ vollziehbar sein, eine Durchsetzung durch Mittel des Verwaltungszwangs dürfte kaum möglich sein. Um in solchen Fällen sicher gehen zu können, sollte der Jagdausübungsberechtigte auf einen individuellen Verpflichtungsbescheid bestehen, in dem auch der Aufwendungsersatz und die Kadaverentsorgung geregelt sind. In jedem Fall sollte aber vorsorglich eine Dokumentation über die von ihm getroffen Maßnahmen gefertigt werden.

Jens Ole Sendke

Rechtsanwalt

Justitiar des Landesjagdverband Brandenburg e.V.

Der Beitrag ASP – Jäger zwischen Jagdschutz und behördlicher Gefahrenabwehr erschien zuerst auf Landesjagdverband Brandenburg e.V..

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